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Richard Maxwell Neutral Hero New York City Players

Bei Richard Maxwell gibt es kein veristisches Spiel der Schauspieler. Die Schauspieler zeigen Figuren, identifizieren sich aber nicht mit ihnen. Sie spielen sie nicht, sondern leihen ihnen lediglich ihre Stimmen und ihre Körper. Die 12 Schauspieler der New York City Players erarbeiten in Neutral Hero den Mythos des Helden, seine Geschichte, so wie sie immer wieder an allen Orten der Welt erzählt wird. Die Bühne ist nahezu leer, nur Stühle für die 12 Schauspieler, zwei Papiermasken als Requisiten und diverse Musikinstrumente finden sich auf der Spielfläche. Es wird gesungen und gespielt, musikalisch Intensität und Spannung auf- und abgebaut. Es ist Musiktheater. Immerwieder unterbrechen Lieder den Spielfluss, genauso oft unterstreichen diese aber die Erzählung der Schauspieler. Viel körperliche Handlung ist nämlich in Neutral Hero nicht zu sehen. Zwar spielt Maxwell mit Körper, Gestus und Bewegung, jedoch dies sehr reduziert und meist nur angedeutet. Berührungen zwischen den Schauspielern sind statisch, Augenkontakt zwischen ihnen ist eher rar, lieber blicken die Darsteller aneinander vorbei in den Zuschauerraum und betrachten die Menschen, die dort sitzen. Maxwell lässt seine Schauspieler ihre Figuren erzählen und dabei gehen sie an die Grenzen der Neutralität, doch nur durch Handlung können sie Werden, nur durch Körperlichkeit können sie existieren. Sie bewegen sich durch den Raum der Bühne, Theater ist hier das Durchdringen des Raums. Der Held ist im Mittelpunkt des Geschehens, doch nur durch das Kollektiv kann er als Individuum erkennbar sein. Der Einzelne besteht nicht ohne Gemeinschaft. Für den Zuschauer kann Neutral Hero mitunter anstrengend werden, Identifikation mit den Figuren wird nicht angestrebt. Der Rezipient betrachtet das Geschehen auf der Bühne und hält die Distanz zu dem Gesehenen, genauso wie die Schauspieler Distanz zu ihren Figuren behalten. Maxwell eröffnet Imaginationsräume, Orte werden akribisch und bis auf das kleinste Detail von den Figuren detailreich beschrieben, so wird dem Zuschauer ermöglicht sich den Ort des Geschehens bis ins Kleinste vor dem inneren Auge vorzustellen, gleichzeitig reduziert er die körperlichen Zeichen auf der Bühne auf bloße Andeutungen und minimalste Gesten. Maxwells Intention war die Essenz der Existenz, des Ausdrucksvermögne zu finden. Diese Essenz ist aber nur in einem Handlungsraum wie der Theaterbühne herzustellen und selbst hier stoßen wir auf Grenzen, die uns zeigen, dass pure Neutralität nicht geschaffen werden kann. Denn die Körperlichkeit und die Bedeutungen der Realiät, so wie wir sie im täglichen Leben begegnen, lassen sich nie ganz ausblenden.Innerhalb dieser Grenzen gelingt es Maxwell jedoch sehr wohl diese bis zu einem gewissen Grad herzustellen. Handlung ergibt Existenz, also wie kann Handlung neutral sein? Neutral Hero stellt den Zuschauer auf eine Probe: Wie lange lässt sich Reduktion aushalten? Wann beginnen wir uns nach Bedeutung zu sehnen? Inwiefern sind wir gewillt Alltägliches auf Bühne anzuerkennen? Einige Zuschauer sahen sich nicht gewillt, die Vorstellung bis zum Ende anzuschauen. Maxwells stark reduziertes Theater mögen nicht bei jedem die Imagination aktivieren, sondern auch auf Unverständnis treffen, die Wahrnehmung womöglich sogar lähmen.